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Marc Wade - 2018"Moving Day"mit Tim Harrison & Scott Neumann
Um es vorweg zu nehmen: Marc Wade hat sich mit seinem Trio gut geschlagen; ob er mit "Moving Day" einen dauerhaften Platz in de Hall of Fame eingespielt hat steht auf einem anderen Blatt, aber es ist eine ausgezeichnete Platte, die aus der Masse herausragt. Marc Wade, der 1974 in der Nähe von Detroit geboren wurde, spielte Elektrobass in der Schulband, wechselte beim Studium zum akustischen Bass und hatte neben zahlreichen Jazz-Engagements auch immer wieder Auftritte in Orchestern Klassischer Musik. Diese Erfahrungen auf unterschiedlichen Gebieten halten ihn flexibel und einfallsreich, er lässt sich nicht in eine Schublade stecken und neben seinen Fähigkeiten als Komponist und Arrangeur hat ihn die Orchesterarbeit zu einem einfühlsamen Teamplayer gemacht, dem das Gesamterlebnis wichtiger ist als das Brillieren als Solist. 2015 veröffentlichte er die erste Trio-Platte in der Besetzung mit Tim Harrison am Klavier und Scott Neumann am Schlagzeug. Drei Jahre später folgte nun 2018 "Moving Day" und man hört, dass die drei Jahre der Zusammenarbeit die Gruppe enger zusammen gebracht hat; die Musik ist intensiver und komplexer geworden, eingängig beim ersten Hören und facettenreich beim Wiederhören. Der Reigen wird mit Moving Day eröffnet, einem Stück, das mit einer sehr insistierenden Pianophrase beginnt und sich zu einem sehr melodischen und abwechslungsreichen Opener entwickelt, der gleich das sehr einfühlsame Miteinander der drei Musiker zur Geltung bringt und thematisch das Motiv des Aufbruchs zu einer Reise durch einen Tag voller Musik aufzeigt. Auch die weiteren Stücke beginnen meist mit recht einfachen Themen, die stets Erinnerungen wachrufen, an mittelalterliche Musik, an Kirchenlieder oder wie im Falle von "The Bells" an Phrasen von Debussy, die dann ausgebaut werden, Rhythmus und Tonart ändern und immer Farben, Bilder und Seelenstimmungen erzeugen, die ineinander fließen und weben. Die Klassiker "Night in Tunisia" (hier mit dem Attribut "Another" versehen) und "Autumn Leaves" entpuppen sich dann auch eher als ein Ineinanderweben gleich mehrerer Themen, die, kaum hat man sie erahnt, sich schon wieder zum nächsten entwickeln. Dieses hohe Niveau wird konstant durchgehalten und macht die Platte zu einem Hörereignis, das nach Wiederhören verlangt. Nie langweilig, nie abstrakt sondern immer lyrisch und cantabil. Ähnlich wie im Ulysses von James Joyce in der Literatur werden hier unterschiedliche Stationen eines Tages musikalisch schlaglichtartig und intensiv zur Geltung gebracht und wer diese Momentaufnahmen zu flektieren weiß, der hat eine Art Weltalltag erlebt. Insgesamt eine Aufnahme auf sehr hohem Niveau von drei außergewöhnlich guten Musikern - eine Platte, die in jedem Fall eine unbedingte Empfehlung erhält. Markus Minberg |